Mittwoch, 13. Mai 2020

Buchrezension "Nachttiger" von Yangsze Choo




Im Britisch-Malaya der 1930er-Jahre, wird der junge Houseboy Ren von seinem sterbenden Herrn um einen letzten Gefallen gebeten: Er soll den einst amputierten Finger des alten Arztes finden, ihn innerhalb 49 Tage wieder mit seinem Körper zusammenführen, damit laut Aberglaube seine Seele ihre Ruhe finden kann und nicht rastlos umherstreifen wird. 
Auf seiner Suche trifft er die junge Ji Lin, deren größter Wunsch es ist, Krankenschwester zu werden, zur Zeit allerdings als heimlich als Tanzlehrerin die Schulden ihrer Mutter abarbeitet. Dass ihre Wege sich nicht zufällig kreuzen und auch Ji Lin und ihr Adoptivbruder Shin bereits Kontakt mit dem abgetrennten Finger hatten, wird ihnen erst sehr spät bewusst. Doch sie verbindet noch weitaus mehr, denn ihre Namen bilden drei der Fünf Tugenden nach Konfuzius: 

Zhi – Weisheit 
Yi – Rechtschaffenheit
Ren – Güte
Li – Ordnung
Xin – Aufrichtigkeit 

Der Vierte im Bunde ist Rens verstorbener Bruder Yi, dem Ji Lin bereits in ihren Träumen begegnet ist. Doch wer ist der unbekannte Fünfte vor dem sie gewarnt werden? Bald heften sich dunkle Schatten an ihre Fersen, die vor nichts zurückschrecken - auch nicht vor Mord. Doch die Gefahr droht nicht nur von menschlicher Seite aus, sondern auch aus dem Geisterreich; Menschen sind auf mysteriöse Weise verschwunden und gestorben, Tiger wurden gesichtet. Gewöhnliche Tiger oder doch menschenfressende Geistertiger wie es die Legenden sagen?

 „Nachttiger“ von Yangsze Cho ist weitaus mehr als nur ein einfacher historischer Roman. Er kombiniert Mystik, Thriller und Romantik auf eine Art und Weise, die den Leser in seinen Bann zieht. Die chinesischen Legenden werden so nahtlos in den Roman eingewoben, dass man nicht mehr zwischen Legende und Realität differenzieren kann. 
Die Hauptpersonen werden erst nacheinander eingeführt, die Perspektiven wechseln dabei zwischen Ren, Ji Lin und William Acton, einem jungen Arzt, der Ren bei sich arbeiten lässt. So lernt man die Charaktere von all ihren Seiten kennen, man erfährt ihre innersten Gedanken und Wünsche, sieht sie aber auch durch die Augen anderer und wie sie in ihrer Umwelt agieren. Doch erfährt der Leser tatsächlich alles über sie oder gibt es auch unausgesprochene Geheimnisse und Taten, derer man sich nicht bewusst ist? 
Verbunden durch das Schicksal und der Suche nach einem Finger, in der faszinierenden Mischung aus Kultur, Legenden, Aberglaube, Spannung und Romantik, versuchen die Protagonisten ihren Weg zu finden, bevor ihre Gegenspieler ihnen zuvorkommen.

Dieses Buch hatte mich zunächst wegen des wunderschönen Stoffeinbandes angesprochen und mich dann so gefesselt, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Mischung aus historischem Roman mit mystischen Elementen, die dem Roman beinahe einen fantastischen Flair verleihen, üben eine eigenartige Faszination aus, die ich bisher in nur sehr wenigen Büchern gefunden habe.
Ich kann an dieser Stelle nur eine klare Buchempfehlung aussprechen!

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